Donnerstag, 21. Februar 2013

Das Ich im Internet


Je mehr ich über meinen vorherigen Eintrag reflektiere, desto mehr zweifle ich daran, ob ich das System „Internet“ zu unkritisch und leichtsinnig in mein Leben integriere. Es ist so eng mit meinem realen Leben verwoben, dass ich dafür in mancherlei Hinsicht blind bin. Denn haben diese Darstellungen von uns im Internet noch wirklich etwas mit uns gemein oder sind sie lediglich Wunschprojektionen unseres Selbst?!

Dies beginnt schon bei der Fotoauswahl, welche man zu seinem Profil in einem sozialen Netzwerk hinzufügen möchte und welche nicht. So wählt man im Grunde stets Fotos aus, die einen vorteilhaft darstellen. Schließlich repräsentiert genau dieses Foto einen selbst im Netz. Dies ist aber des Öfteren problematisch, da es zahlreiche Möglichkeiten gibt, das Bild zu manipulieren. Auch ich stelle mir manchmal die Frage, ob mich jemand auf offener Straße nur anhand meines Profilbildes erkennen würde, obwohl ich höchstens die Lichtverhältnisse oder den Kontrast am Bild verändere. Allein diese Effekte können ein Bild ganz anders wirken lassen. Wenn ich dann noch zusätzlich meine Brille aufsetze, die auf keinem einzigen Bild im Internet zu sehen ist, wird die Identifizierung nochmals erschwert. Ich gebe also bewusst nur die Information preis, von der ich will, dass sie bekannt wird. Doch sobald man in der Realität aufeinandertrifft, beginnt genau diese Maske, die jeder für sich selbst im Internet bastelt, zu bröckeln.

Manche Internet-User gehen soweit, dass sie ihr Profilbild bis zur Unkenntlichkeit bearbeiten. Anstatt braunen Augen haben sie dann auf einmal strahlend blaue, weil es besser ankommt oder haben einen „Traumkörper“, welcher aber bei näherer Betrachtung eher unförmig wirkt als schmeichelnd…Es gibt aber auch welche, die noch einen Schritt weiter gehen und Fake-Profile anlegen. Falsches Bild, falscher Name, usw.… Auch ich habe eine „Freundin“ in Facebook, die wie eine allseits bekannte Jugendliche in einer Serie heißt und auch von selbiger ein Profilbild verwendet. Doch die Krönung stellt für mich immer noch ihre Beziehung dar. Ja genau richtig… mit dem Serienfreund der Jugendlichen, ebenfalls mit entsprechendem Foto. Des Weiteren postet sie ständig irgendwelche Dinge, als ob sie WIRKLICH diese Jugendliche wäre. Meine Zimmernachbarin und ich finden dieses Verhalten zwar amüsant, fragen uns jedoch gleichzeitig, welche Auswirkung diese Art der Selbstdarstellung auf ihre Persönlichkeit hat. Fotos von ihr selbst sucht man vergeblich. Sie scheint in ihrer ganz eigenen Welt gefangen zu sein. Sie hat sich ihre eigene Realität erschaffen. Sie lebt ihren Wunsch im Internet aus. Vielleicht um einfach einmal aus dem behandelt werden ausbrechen zu können. Denn auf den ersten Blick erscheint es so, als ob sie die Oberhand hätte und die Regeln selbst festlegen könnte…sie kann also eine führende Position einnehmen. Sie legt fest wie die virtuell erstellte Figur handelt und in welcher Konstellation sie zu anderen steht. Sollte ihr etwas missfallen, lässt sich das häufig mit einem Klick ändern. Also alles kein Problem?!

Nein, sicherlich nicht!!! Solche Personen blenden oftmals die Tatsache aus, dass auch diese Wunsch-Realität ihre Grenze hat. Man kann sich nur innerhalb des vom Programmierer vorgegebenen Rahmens bewegen und nicht darüber hinaus. Dies wird einem allerdings nur dann klar, wenn man an genau diese Grenzen gelangt und sich darüber ärgert, dass es die gewünschte Funktion, die man ausführen möchte, nicht gibt. Man wird also vom Programmierer und seinem Programm behandelt.

Schlussendlich ist zu sagen, dass sich im Netz alle möglichen Menschen tummeln. Dabei versteckt jeder sein wahres Ich hinter einer selbsterstellten Fassade. Die Einen mehr und die Anderen weniger. Selbst in der Realität kann man eine Person nie vollkommen erfassen, doch das Internet liefert den Nutzern nochmals mehr eine Option ihre Identität zu verschleiern. Man kann dadurch seine Mitmenschen täuschen, aber man täuscht sich damit ebenso ein Stückweit selbst. So kann die bereits erwähnte „Freundin“ noch so gut ihre „Rolle“ im Forum spielen. Sie wird dennoch nie und nimmer  im realen Leben diesen „Lebensstil“ umsetzen können. Dies ist ein Ding der Unmöglichkeit.

Doch egal, welche Identität man im Internet und den damit verbundenen Foren annimmt, man unterwirft sich automatisch, zumeist unbewusst dem Programmierer des Programmes. So allmächtig und bestimmend, wie wir uns im ersten Moment fühlen, sind wir ganz und gar nicht. Man bedenke nur einmal die Wirkung von Werbung, die einem auf jeder Internetseite entgegenblinkt… Na fühlst du dich immer noch als Internet-USER?!

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Bildquellen:
Bild 1:
gibbaff, „Ich sehe was, was du nicht siehst“, CC-Lizenz (BY 2.0)http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de
Alle Bilder stammen aus der kostenlosen Bilddatenbank www.piqs.de (21.02.2013 um 15:20).
Bild 2:
herrlehmann, „wrong turn“, CC-Lizenz (BY 2.0)http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de
Alle Bilder stammen aus der kostenlosen Bilddatenbank www.piqs.de (21.02.2013 um 15:34).

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