Mittwoch, 27. Februar 2013

Fazit


Momentan herrscht gähnende Leere in meinem Kopf und ich weiß nicht wie ich diesen letzten Blogeintrag auf die Reihe bekommen soll…

Und dabei dachte ich zu Ferienbeginn noch: Den Blog schaffst du locker, ach und die zwei Hausarbeiten und das Praktikum wird auch schon gut gehen. Doch kaum kommen solche Gedanken auf, schlägt das Schicksal unbarmherzig zu…oder in meinem Fall der Vermieter. Bis April MÜSSEN sie umziehen, heißt es in einem Brief. Zuerst hielt ich es für einen schlechten Scherz, da mir dieser erst im März zugestellt wurde. Danach stieg jedoch gleich Wut, Empörung, Panik und Ratlosigkeit in mir auf. Es entscheiden FREMDE Menschen über meine Wohnverhältnisse. Wie kann das sein?! Ich soll einfach so innerhalb eines Monates meine Sachen packen?! Ich wohne seit über einem Jahr in diesem, nein MEINEM Zimmer! Es ist mein zu Hause, das man mir einfach so wegnimmt… Ich bin den Verantwortlichen machtlos ausgeliefert. Entweder ich akzeptiere ihre Ersatzlösung oder sitze schlicht und einfach auf der Straße.

Nun sitze ich hier auf meiner Couch mit der Gewissheit, dass ich in gut einem Monat vielleicht immer noch auf selbiger sitzen werde (sofern sie im neuen Zimmer Platz findet), jedoch in einer ganz und gar anderen Wohnung. Manchmal hasse ich es geradezu, von anderen behandelt zu werden! Man fühlt sich wie ein Spielball in einem Netz von Akteuren. Aber oftmals vergisst man dabei, dass man nicht nur Behandelter, also Patient ist, sondern selbst Akteur…In meinen Blogeinträgen habe ich versucht beide Seiten zu beleuchten. Dabei hat sich für mich herauskristallisiert, dass es keine klare Trennung zwischen Akteur und Behandeltem gibt. Wir nehmen eine Rolle im Netzwerk ein, aber je nachdem in welcher Personenkonstellation und Situation wir uns befinden, kann genau diese Rolle sich verändern. Sie ist nicht festgeschrieben… Einerseits bin ich auf den ersten Blick „das machtlose Opfer“, welches die Konditionen des Vermieters akzeptieren muss. Andererseits kann ich auf meine Rechte pochen. Somit werde ich selbst zur Handelnden und das Verhältnis scheint sich zumindest aus meiner Sicht teilweise umzukehren.

Unsere „Position“ setzt sich dabei aus zahlreichen Faktoren zusammen, sodass sie sich stets im Wandel befindet. Können wir daher überhaupt klar trennen, wann Personen Einfluss auf einen nehmen und andersherum?! Oder ist dieser Vorgang viel mehr ein fließender Übergang?! Und wie reagieren wir nun schlussendlich auf die Beeinflussung?! Eins ist schon mal sicher: Diese Fragen lassen sich nicht ohne weiteres beantworten. Ich könnte noch dreimal so viele Blogeinträge verfassen, aber eine klare Antwort würde deswegen immer noch nicht zustande kommen. Das Thema „behandelt werden“ erstreckt sich über jegliche Lebensbereiche. Selbst die Technik, die ich nur kurz als Gebrauchsgegenstand des Menschen angerissen habe, kann zum Akteur werden. Somit lässt sich das Netzwerk ewig weit spinnen. Es ist kein Ende in Sicht…

Heutzutage sind wir zahlreichen Einwirkungen ausgesetzt, wobei man das Gefühl hat, dass diese von Jahr zu Jahr zunehmen. Früher war das Netzwerk von jedem Einzelnen überschaubar. Es gab die Familie und das nähere Umfeld. Dies änderte sich jedoch schlagartig mit der Technisierung. Mit dieser ging eine weltweite Vernetzung, die zuvor nahezu unmöglich erschien, einher. Je größer das Netzwerk, desto weittragender können die daraus resultierenden „nicht-intendierten Folgen einer Handlung“ sein. Beispielsweise ist es dem Großteil der Bevölkerung relativ egal, wenn ein kleiner See überfischt wird, der nur von Hobbyanglern belagert wird. Handelt es sich aber etwa um den Bodensee, würde „der Skandal“ weitaus größere Wellen schlagen. Schließlich sind mehr Menschen, wie etwa Restaurantbesitzer, auf die Sicherstellung ihrer Ware angewiesen. Dies ist allerdings nicht möglich, wenn jeder Fischer nur seinen eigenen Gewinn im Auge hat. Dieses Verhalten wird sich früher oder später rächen, sodass alle Beteiligten einen Nachteil daraus ziehen. Logischerweise werden aus den anfänglichen Akteuren Patienten und dies durch ihr eigenes Verschulden. Sie haben AKTIV das Szenario heraufbeschworen, welches sie niemals angestrebt haben, müssen aber im Endeffekt die Konsequenzen für ihre Handlungsweise PASSIV ertragen. Denn vorerst können sie nichts an der Situation ändern…

Selbst wenn man also ein klares Ziel mit seinem Handeln verfolgt, können, wie im obigen Beispiel, nicht vorhersehbare Folgen daraus entstehen. Erschwerend kommt hinzu, dass Handlungen mannigfaltige und komplexe Motivationshintergründe haben, die sich je nach Stimmung, Beeinflussung, Wissensstand und vielem mehr verändern können. Auf diese Weise wird es nicht nur für andere schwierig den Handlungsgrund zu erkennen, sondern ist einem häufig selbst als Akteur nicht erschließbar…zumindest im Nachhinein. Folglich lassen sich auch keine festen Handlungsmuster bei der Reaktion auf Einflussnahme feststellen. Sie variieren von Person zu Person.

Einen weiteren wesentlichen Faktor stellt das Machtverhältnis in den jeweiligen Beziehungen dar. Jede Form von Kontakt weist eine Hierarchie auf.  Macht beruht auf Asymmetrie, zum Beispiel der von Information, Wissen oder auch der Möglichkeit Sanktionen aussprechen zu können.[1] Die Drohung beziehungsweise die Aussicht auf einen Nachteil durch eine Handlung, sorgt für eine Hemmung bei der Durchsetzung des Vorhabens. In meinem Blogeintrag „Die Macht der Worte“ wird dieses Problem konkret an der Schüler-Lehrer-Konstellation thematisiert. Der Lehrer hat das letzte Wort. Dementsprechend muss sich der Schüler dem Willen des Lehrpersonals beugen. Ansonsten hat er das Nachsehen in Form von schlechten Noten.
Oder um auf mein aktuelles Wohnungsdesaster zurückzukommen und gleichzeitig Max Weber zu zitieren: „Macht bedeutet, jede Chance innerhalb einer sozialen Beziehung, den eigenen Willen auch gegen Wiederstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“[2] (Weber 1972). In diesem Fall treffen Webers Worte genau ins Schwarze. Angesichts dieser Tatsache, hat der Vermieter einen Machtvorteil inne, dem ich nichts entgegensetzen kann. Er hat seinen Willen durchgesetzt…Ergo spielt das Machtverhältnis eine enorme Relevanz, wer Einfluss auf wen nehmen kann. Weiterhin hat es Auswirkungen auf die Reaktion des Behandelten.
 
Abschließend lässt sich mithin sagen, dass wir Menschen unberechenbare Wesen sind, die sich zwar immer wieder versuchen selbst in Mustern zu erfassen, es dennoch nicht schaffen. Es ist quasi ein Ding der Unmöglichkeit die Auswirkungen einer Handlung in Bezug auf andere vorherzusehen. Obendrein plädiere ich für eine schwammige Grenze zwischen Akteur und Behandeltem, da von einer Sekunde auf die andere sich die Rollen vertauschen können. Doch ist es nicht genau diese Dynamik, die unserer Gesellschaft erst ihre Lebendigkeit verleiht?!

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Internetquellen:
[1] Vgl.: Prof. Kreckel: Soziologie der Herrschaft – 10. Vorlesung, http://www.soziologie.uni-halle.de/kreckel/lehre/ss05_herrschaft_10.pdf (27.02.2013 um 21:33).
 
[2] Prof. Dr. Burkhardt Krems: Macht. Definitionen von Macht (2012), http://www.olev.de/m/macht.htm (27.02.2013 um 22:10).
 
Bildquellen:
Bild 1:
Lauren Manning, „Rue de Suisses“, CC-Lizenz (BY 2.0)http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de
Alle Bilder stammen aus der kostenlosen Bilddatenbank www.piqs.de (27.02.2013 um 22:19).

Bild 2:
ktylerconk, „The fishermen“, CC-Lizenz (BY 2.0)http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de
Alle Bilder stammen aus der kostenlosen Bilddatenbank www.piqs.de (27.02.2013 um 22:21).
Bild 3:
Scott Ogle, „Estacao da Luz/The Light Station - Sao Paulo“, CC-Lizenz (BY 2.0)http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de
Alle Bilder stammen aus der kostenlosen Bilddatenbank www.piqs.de (27.02.2013 um 22:43).

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