Dienstag, 20. November 2012

Die Macht der Worte


Jede Person, die mit uns in Kontakt tritt, beeinflusst uns in unserem Handeln und in unseren Aussagen. Uns würde zum Beispiel nie einfallen, mit einer Autoritätsperson so zu reden wie mit unseren Freunden. Es fällt uns unterschiedlich schwer über ein und dasselbe Thema mit verschiedenen Menschen zu reden. Manchen erzählen wir vielleicht sogar gar nichts davon, weil wir denken, dass sie es nicht verstehen würden oder ähnliches und mit anderen können wir stundenlang darüber reden. Es gibt aber ebenso Situationen, in denen man hin- und hergerissen ist. Soll ich es sagen oder doch lieber für mich behalten? Aber warum ist das so?

Genau in einer solchen Lage habe ich mich im Kolloquium für meinen Seminarkurs, der mein mündliches Abitur war, befunden. Nicht gerade sehr angenehm… Die an mich gestellte Frage hat gelautet: „Fällt dir denn eine Religion ein, in welcher Frauen heute noch nicht gleichberechtigt behandelt werden?“. Ich stand gefühlte 5 Minuten stillschweigend da. Doch die Gedanken in meinem Kopf rasten nur so dahin: „Klar die katholische Kirche… aber das kannst du jetzt echt nicht sagen. Das geht nicht. Denk weiter nach… Andere Religion!!! *ratterratterratter* Dir fällt im Moment nichts anderes ein, weil du dich so darauf fixiert hast… Verdammt!!! Also sagst du es jetzt einfach. Besser er gibt dir die schlechte Note, wie dass du sie durch keine Antwort so oder so bekommst.“ Mit er meinte ich, den Religionslehrer, der zu meinem Unglück… richtig KATHOLISCH unterrichtete und einer, der drei Prüfer war. Bevor ich noch weiter darüber nachdenken konnte, hörte ich mich schon „die katholische Kirche“ sagen.
Mein damaliger Ethiklehrer, ein weiterer Prüfer, hat die Aussage natürlich sehr amüsant gefunden und auch der Oberstufenleiter, ebenfalls ein Prüfer, musste grinsen. Der Katholischlehrer dagegen verzog sein Gesicht und sah alles andere als begeistert aus: „DAS hab ich damit eigentlich nicht gemeint…Gibt es denn noch andere Religionen, die dir einfallen?“. Und jeder, der mich halbwegs kennt, weiß, dass ich manchmal Sachen sage, ohne groß davor darüber nachzudenken. Dementsprechend war auch meine Erwiderung: „Aber in der katholischen Religion gibt es doch nur Priester und keine Priesterinnen, oder?! Also sind Frauen auch nicht gleichberechtigt! Aber hmm…ja im Islam sind Mann und Frau auch nicht ebenbürtig.“. Nur ungern hat er mir bei Ersterem zugestimmt, aber bei meiner zweiten Aussage hat er begeistert mit dem Kopf genickt und gemeint, dass er eher an diese Religion gedacht hat. Danach war der ganze Spuck glücklicherweise auch vorbei…
Als ich das Zimmer verlassen hatte, wurde ich schon von verwunderten Mitschülern empfangen, was ich denn bitte gesagt hätte, dass die Lehrer (teilweise) so lachen mussten. Klar fanden sie die Geschichte lustig, aber ich selbst hoffte in dem Moment nur, dass es keine Auswirkung auf meine Note hatte. Meine Befürchtung war eine Sanktion für mein Handeln beziehungsweise für meine Aussage. Schließlich habe ich mit meiner Aussage die Religion eines Prüfers angegriffen. Nur der Gedanke, dass die beiden anderen Lehrer die Note mitbestimmten, beruhigte mich halbwegs.
Für das Kolloquium bekam ich dann schlussendlich 10 Punkte, womit ich zufrieden war. Ob besagter Lehrer mir wegen meiner Aussagen eine schlechtere Note gegeben hat, kann ich bis heute nicht sagen und ehrlich gesagt ist es mir auch egal. Ich habe das gesagt, was ich für richtig hielt, obwohl es vielleicht an dieser Stelle nicht gerade die klügste Entscheidung war. Ich war jedenfalls über meine erreichte Punktzahl erstaunt. Ich würde es nochmals genau gleich machen, da es immer noch meiner Ansicht entspricht. Nichts und niemand sollte einen davon abhalten seine Überzeugungen, hinter denen man steht, nach außen hin zu vertreten. Es kommt oftmals lediglich darauf an, wie man es ausdrückt und wie es dadurch auf den anderen wirkt. Letztendlich ist es ein immenser Unterschied, ob ich etwas sachlich von mir gebe oder mit der Absicht jemanden bloß zu stellen. Die beste Ausgangsbasis ist so zu handeln, wie man selbst auch behandelt werden möchte. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass niemand gerne beleidigt, heruntergeputzt  oder lächerlich gemacht wird. Konstruktive Kritik nimmt man dagegen schon eher an, denn durch diese kann man an sich arbeiten und sich verbessern.
Ein weiterer entscheidender Punkt ist, welche Position die interagierenden Menschen zueinander haben. Sollte mein gegenüber eine höhere Position, als ich selbst innehaben, habe ich sozusagen den Kürzeren gezogen. Beispielsweise  würde sich ein Angestellter nie anmaßen den Kleidungsstil des eigenen Chefs zu kritisieren, andersherum kann es jedoch schon einmal der Fall sein. Es kommt also auf das Machtverhältnis zwischen den Parteien an. Sobald eine Person von der anderen in irgendeiner Weise abhängig ist, wird der „Unterlegene“ seine Worte und Handlungen bedachter wählen, als wenn Beide gleichgestellt wären. Denn mit jedem falschen Wort oder falschen Tat muss mit entsprechenden Konsequenzen gerechnet werden, wie etwa mit einer schlechten Note oder mit der Kündigung. Man bekommt dadurch einen Rahmen vorgegeben, welcher einen persönlich einengt, aber dafür auch garantiert, dass unsere Gesellschaftssystem am Laufen bleibt.

Alles was man sagt oder auch nicht sagt, hat Konsequenzen. Worte können zum Beispiel einen Streit zwischen noch so guten Freunden auslösen. Dieser könnte, durch den Satz: „Es tut mir leid.“, beendet werden, aber oftmals kommen diese Worte einem nicht über die Lippe, weil man zu stolz ist, es nicht einsieht schon wieder klein beizugeben oder ähnliches. Deswegen sollte man sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass Worte weitaus mächtiger sein können, als wir es uns oftmals bewusst sind. Man sollte sie mit Bedacht wählen. Worte können uns verbinden, aber auch trennen. Sie können uns glücklich, aber auch traurig machen. Sie können uns trösten, aber auch verletzen. In  anderen Worten: Sie beeinflussen unserHandeln,aber auch wie wir andere behandeln.
                                      
 
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Bildquellen:

-Bild 1:
Mo Riza, „Red Head & seveRed Head“, CC-Lizenz (BY 2.0)http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de
Alle Bilder stammen aus der kostenlosen Bilddatenbank www.piqs.de (20.11.2012 um 23:57).
 
-Bild 2:
D. Sharon Pruitt, „Number 2 Alternate 20 October 2008 365 Days of Two Sisters“, CC-Lizenz (BY 2.0)http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/deed.de
Alle Bilder stammen aus der kostenlosen Bilddatenbank www.piqs.de (20.11.2012 um 00:46).

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